Geschichten, die keiner mehr kennt
Auch eine Referenz an Marion Gräfin Dönhoff und Ostpreußen.
- Prophet in Ostpreußen
- Orientalische Wette
- Gewohnheit
- Zum Weinen – das Ende von Rhenania Straßburg
- Warum ist es am Rhein so schön?
- Luftwechsel
- Allerhöchste Verstimmung
- Alte Kameraden
- Späte Geburt
- Vox Latina
- Kölner Fuchs in Jever
- Schönes Denkmal
- Feiner Geschmack
- Renegat
- Verfahren
Prophet in Ostpreußen
Nach dem Abitur in Marienburg studierte Arthur Daehnke (1872–1932) an der Friedrichs-Universität Rechtswissenschaft. Im Sommersemester 1891 bei Borussia Halle admittiert und im Februar 1892 recipiert, wurde er im Sommersemester 1892 ohne Band entlassen. Das Studium setzte er an der heimatlichen Albertus-Universität fort. Als unverheirateter Richter und passionierter Jäger führte er in Mehlauken ein tralliges Leben. Sein Orden zur Vernichtung des Alkohols hatte 5000 Mitglieder im ganzen Reich. Borussia Halle verlieh ihm 1923 die Schleife. Durch die Niederlage Deutschlands und den Versailler Vertrag gebrochen, starb er mit 60 Jahren ohne eigentlich krank zu sein
In Mehlauken, einem Marktflecken im Kreis Labiau, der später den Namen Liebenfelde erhielt, war der Amtsrichter Daehnke tätig. Dorther gab es zwar eine Bahnverbindung nach Königsberg. Die Reise mit dem ‚rasenden Litauer‘ dauerte jedoch einige Zeit. Es befanden sich aber am Ort mehrere Corpsstudenten als Ärzte und Rechtsanwälte. Außer ihnen versammelten sich auch andere Runden trunkfester Männer in Beutlers Hotel. Eines Nachts kam der Amtsrichter auf den Gedanken, einen Orden zu gründen, der es sich zur Aufgabe machen müsse, den Alkohol als den größten Feind der Menschheit zu bekämpfen, wo er angetroffen werde. Als er der Zecherrunde diese Erleuchtung verkündete, waren alle begeistert und nannten ihn den ‚Großen Propheten‘. Sie selbst betrachteten sich als seine Gläubigen und nahmen die Gebote entgegen, die er erließ. Den Augenzeugen dieser geschichtlichen Stunde wurde es erlassen, als Gläubige einen Beweis für ihr Bekenntnis zu erbringen, weil sie Prüfungen ihrer Gesinnung bereits zur Genüge abgelegt hatten. Für jeden Neuling wurde jedoch verordnet, daß er nur dann Mitglied dieses erhabenen Kreises werden könne, wenn er ein Gelübde ablege und zur Bekräftigung seines Eides ein sichtbares Beispiel für seine Einstellung gebe. Er mußte daher vor den Augen der Gläubigen eine bedeutende Ansammlung des Feindes bekämpfen und zeigen, daß er ihn auch vernichten könne. Die Gläubigen hatten auch ihr Erkennungszeichen: Halbmond und Stern, das mit der flachen Hand bei gleichzeitig gespreiztem Daumen und darauf mit der geballten Faust dargestellt wurde. Die Anwärter fanden sich von überall ein und wurden gläubig, so daß es erforderlich wurde, das wachsende Ordensgebiet verwaltungsmäßig aufzugliedern. Es gab daher bald einen Großwesir als den Stellvertreter des Propheten und Würdenträger, die als Emir, Scheich oder Aga mit einer größeren oder kleineren Oase belehnt wurden. Der Große Prophet prüfte jedoch laufend ihre Gesinnung, ob sie auch getreu ihrem Versprechen den größten Feind der Menschheit rücksichtslos bekämpften.
– Schindelmeiser Baltiae EM, Albertinae
Orientalische Wette
Bloedorn Masoviae war ein vorzüglicher Fechter. Zwölf seiner 25 Mensuren waren Säbelpartien. In München wurde ihm 1923 vom dortigen Verein Deutscher Studenten eine Säbelchargenforderung angetragen. An drei aufeinander folgenden Tagen stach er die drei Gegner ab. In der Reichswehr wurde er 1928 Leutnant beim 2. (Preußischen) Infanterie-Regiment in Lötzen. Als Draufgänger und Mann des schnellen und entschiedenen Entschlusses gewann er eine Wette, mit dem Motorrad in zehn Tagen von Allenstein über München nach Istanbul zu kommen: 1.173 km nach München und 1.884 km von dort an den Bosporus, ohne Autobahn. Die Deutsche Botschaft Istanbul ehrte Bloedorn mit einem Empfang. Als junger Offizier diente er im Stab von Generaloberst a. D. Hans von Seeckt. 1936 kam er zur Luftwaffe. Er überlebte den Krieg als Ritterkreuzträger und Oberst, zuletzt im Stab von Generalfeldmarschall Albert Kesselring. 1975 starb er mit 73 Jahren in Ansbach.
Gewohnheit
Die schönste von vielen Geschichten um den Königsberger Schlossteich begab sich Anfang der 1930er Jahre: Ein Inaktiver hatte sich am Vormittag eines schönen Sommertages in das Boot gesetzt und war aus ungeklärten Gründen über Bord gegangen. Die „Königsberger Allgemeine“ berichtete hierüber im lokalen Teil und meinte, es sei wohl der Alkohol im Spiele gewesen. Jener Inaktive schrieb an die Zeitung, er sei auch an diesem Tage nicht von seiner Gewohnheit abgegangen, sich erst in den späten Nachmittagsstunden zu betrinken, und bat um eine entsprechende Berichtigung. Die Zeitung berichtete tatsächlich.
– Ossig Hanseae Königsberg
Zum Weinen – das Ende von Rhenania Straßburg
Nach Suevia Tübingen und Bremensia hatte der CC der Rhenania Straßburg im Frühjahr 1971 das Fechten aufgegeben und den Austritt aus dem KSCV beschlossen. Als Vorsitzender der Altherrenschaft suchte Ernst vom Hofe Rat beim Saarbrücker VAC-Vorstand. Mit dem Vorsitzenden Fabry Hassiae, Thuringiae Jena berieten der Chefjurist Waltzinger Moenaniae, Lusatiae Breslau und der „Bürovorsteher“ v. Tempelhoff Guestphaliae Heidelberg die Rechtslage. Die war eindeutig: Rhenanias CC hatte Handlungsfreiheit. Die Konstitution der Silber–Rhenanen bot nicht die Möglichkeit, durch einen FCC, auf dem alle Träger des dreifarbigen Bandes Stimmrecht hatten, den Beschluss zu kassieren. Dass das Haus beim AHV verblieb, war ein schwacher Trost, zumal die auseinanderfallende Altherrenschaft damit wenig anfangen konnte. Der Rhenane musste zur Kenntnis nehmen, dass der VAC-Vorstand ihm und seinen Alten Herren nicht helfen konnte. In seinem 90-jährigen Leben war es das einzige Mal, dass Fabry einen Corpsstudenten weinen sah. Dabei hatte der VAC-Vorstand durchaus Vorschläge unterbreitet, die zumindest den guten Namen des Corps hätten retten können. Unterbreitet wurden sie auch den anderen Eidbrüchigen bzw. denjenigen, die sich dagegen zur Wehr setzten. Niemand griff sie auf.
Bonner Stammtisch beim Bundestag
In der ausgehenden Bonner Republik (1994) war der Kösener- und Weinheimer-Stammtisch beim Deutschen Bundestag eine bunte Runde:
– Dr. iur. Hans-Henning Becker-Birck Saxoniae Göttingen, Landrat, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages
– Klaus Beckmann Hanseae Köln, MdB
– Henry Bren d’Amour Rhenaniae Straßburg, Jurist, Treuhandanstalt
– Oliver Bringmann Hubertiae Freiburg, Rhenaniae Bonn, wiss. Ass. der CDU/CSU-Fraktion
– Dr. iur. Hans-Georg Brodach Hannoverae, Jurist
– Dr. rer. pol. Heinrich Doppler Frankoniae Prag, Beamter
– Hans-Georg Dusch Lusatiae Breslau, Moenaniae, Präsident des Bundesamtes für Zivilschutz
– Friedemann Ey Hanseae Bonn, Politikberater
– Dr. rer. pol. Arwed-Ralf Grenzbach Saxoniae Kiel, Thuringiae Jena, Dipl.-Kfm.
– Joachim Gres Rhenaniae Heidelberg, MdB
– Dr. rer. pol. Herbert Hellweg Rheno-Guestphaliae, Volkswirt, Ministerialrat
– Dr. iur. Falk-Ulrich von Hoff Borussiae Bonn, Verwaltung des Bundestages, beurlaubt zum Europa-Parlament
– Josef Hollerith Arminiae, MdB
– Franz Isselstein Nassoviae, wiss. Mitarbeiter von Ruprecht Vondran
– Dr. iur. Joachim Jakob Bavariae Erlangen, Bundesbeauftragter für den Datenschutz
– Dr. iur. utr. Heinz-Jürgen Klein Saxoniae Jena, Saxoniae Bonn, Ministerialrat, Verwaltung des Bundestages
– Detlef Kleinert Isariae, Rechtsanwalt und Notar, MdB
– Dr. iur. Volker Kregel Curonus Goettingensis, Regierungsdirektor im BMU, abgeordnet zur CDU/CSU-Fraktion
– Dr. iur. Jörg Kürschner Guestphaliae Bonn, Guestfaliae Greifswald, Parlamentskorrespondent (NDR)
– Ulf-Dieter Lemor Holsatiae, HUK-Verband
– Gert-Robert Liptau Guestphaliae Bonn und Greifswald, Guestfaliae Greifswald, Ministerialrat im BMZ
– Jürgen Massengeil Guestphalia et Suevoborussiae, Makariae München, Verwaltung des Bundestages
– Dr. agr. Wolf-Eckart Meyhoeffer Hanseae Bonn, Referatsleiter im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
– Malte Müller-Wrede Isariae, Guestphaliae Bonn und Greifswald, Mitarbeiter der F.D.P.-Fraktion
– Dr. iur. Hans-Joachim Mürau Sueviae Straßburg, Fachverbände der Ernährungsindustrie
– Rolf H. Neumann Borussiae Tübingen, Assessor, Prokurist
– Bernd von Nieding Guestphaliae Berlin, Hanseae Bonn, Verwaltung des Bundestages
– Dr. iur. Christoph Ottow Bremensiae, BV Groß- und Außenhandel
– Dr.-Ing. agr. Peter Otzen Holsatiae, Verband Deutscher Papierfabriken
– Andreas Pauli Hanseae Köln, Jurist, Bezirksdirektor
– Lothar von Rabenau Saxoniae Jena, Saxoniae Bonn, Rechtsanwalt
– Dr. phil. Gerhard W. Rakenius Palatia-Guestphaliae, Verwaltung des Bundestages
– Hermann Riehl Rheno-Nicariae, Referent der CDU/CSU-Fraktion
– Dr. iur. Hans-Achim Roll Rhenaniae Straßburg, Ministerialdirektor im Bundeskanzleramt
– Hans-Wolfgang Saager Borussiae Breslau, Albertinae, Bevollmächtigter des HUK-Verbandes
– Axel Schlegtendal Sueviae Heidelberg, Referent der CDU/CSU-Fraktion
– Gero Schmitz Saxoniae Jena et Bonn, Deutsche Afrika-Stiftung
– Ulrich Seibert Borussiae Tübingen, Regierungsdirektor im Justizministerium
– Gundolf Seidel Thuringiae Jena, Sueviae München, Beauftragter des BMW-Vorstandes
– Dr. phil. Christian Stocks Holsatiae, Vortragender Legationsrat, abgeordnet zur CDU/CSU-Fraktion
– Dr. iur. Dr. Ing. e.h. Ruprecht Vondran Hannoverae, MdB
– Dr. rer. nat. Wolfgang Weng Borussiae Tübingen, Apotheker, MdB
Luftwechsel
Schindelmeiser Baltiae EM hat „herrliche Jeschichten“ aus dem Königsberger Corpsleben überliefert. Eine Fuchsenprüfung der besonderen Art trug sich im WS 1922/23 zur Zeit der Inflation zu:
„Boriß hatte auf seinem Gut eine anerkannte Milchviehherde. Kurz nach Semesterbeginn kam er nach Königsberg, um auf der Verkaufsveranstaltung des Herdbuchvereins einen Bullen zu erstehen. Bei diesem Besuch lud er einige Inaktive als seine vertrauten Consemester schon am Vormittag in das Blutgericht ein. Ein Fuchs, der diese herangeholt hatte, wurde am Frühschoppen beteiligt. Er war erst wenige Tage in Königsberg. Nachdem zunächst leichter Weißwein getrunken worden war, bestellte der Gastgeber den „Wahren Jakob“. Es handelte sich um eine Mischung von Burgunder und Malaga, die am Tisch hergestellt wurde. Der Küfer bezeichnete sie mit Sargbowle. Der lebhafte Gedankenaustausch berührte zunächst die Ereignisse, die nach längerer Trennung bei den Versammelten die Brücke zur Gegenwart schlugen. Darauf trat auch die Renonce in das Blickfeld. Boriß entdeckte an ihr einen vernachlässigten Haarschnitt, der nicht den Vorstellungen eines früheren preußischen Fähnrichs entsprach. Schließlich wurden ihr 5.000 M in die Hand gedrückt und die Weisung gegeben, das Versäumte nachzuholen und darauf zurückzukehren.
Das Blutgericht schloß damals seine Pforten bereits am früheren Nachmittag. An jenem diesigen Herbsttag begann es deshalb bereits zu dunkeln, als der Küfer die letzte Bestellung entgegennahm und schließlich die Rechnung beglichen wurde. Der Fuchs hatte sich immer noch nicht zurückgemeldet, auch nicht als der letzte Tropfen getrunken wurde. Die Zecher gingen darauf durch den Herbstnebel auf das Corpshaus, um dort nach dem Stand der Dinge zu fragen. Der Fuchs war auch hier nicht zu finden. Nach einer Weile läutete es an der Eingangstür. Ein Polizist im Dienstanzug erschien. An seiner Seite befand sich der Fuchs. Der verlorene Sohn war zurückgekehrt. Nach und nach ließen sich die Zusammenhänge aufklären. Die Renonce handelte nach Weisung und ließ sich die Haare schneiden. Der mehrfache Luftwechsel bekam ihr jedoch nicht. Beim Einatmen der süßlichen Düfte während der Verschönungsarbeit entlud sich der Magen und füllte mit seinem Inhalt das Becken vor dem Stuhl. Der Haarkünstler verweigerte darauf die Weiterarbeit. Der Fuchs, der Königsberg noch nicht kannte, begab sich wieder zum Schloß, fand jedoch nicht den richtigen Eingang und irrte in den Anlagen über dem Kaiser-Wilhelm-Platz umher, bis er sich auf eine Bank setzte, um auszuruhen. Dort entdeckte ihn die Polizeistreife und erkannte an seinem Stürmer, wohin er gehörte. Als er bei Licht bemustert wurde, stellte es sich heraus, daß nur eine Kopfseite geschoren worden war.
Allerhöchste Verstimmung
Dem Bonner Preußen Hans Malte v. Sydow (1905–1974) ist eine Reminiszenz an Wilhelm II. zu verdanken:
Zwei Tage nach seiner Reception wurde Prinz Wilhelm (1906–1940) am 29. November 1926 zum Fuchsmajor gewählt. Als (FM) wurde der älteste Sohn des Kronprinzen am 1. März 1927 wieder zum FM und v. Sydow (xxx) zum Erstchargierten gewählt. Noch nicht um 7 Jahre rückdatiert, feierte Borussia Bonn im SS 1927 das 100. Stiftungsfest. Dass es nicht von seinem Enkel geleitet wurde, verärgerte S.M., wie der kaiserliche Großvater von seinen Corpsbrüdern nach wie vor tituliert wurde. Von ihm nach Doorn bestellt, erklärte ihm v. Sydow, dass Prinz Wilhelm selbst es so gewünscht hatte; er wollte nicht herausgestellt werden. Seit der Aktivität von Prinz Wilhelm hatte sich der jeweilige Preußensenior in Doorn zu melden. Und seither bezahlten S.M. den Preußen das Bier.
Alte Kameraden
Als Arzt im Praktikum macht Rommel Teutoniae Gießen, Tiguriniae (Jahrgang 1966, nicht verwandt, nicht verschwägert) in einer hessischen Gefäßfachklinik Visite. Ein betagter Patient nimmt Haltung an und grüßt militärisch: „Ich war auch dabei.“ Er berichtet mit leuchtenden Augen von den herrlichen Zeiten in Russland und zeigt stolz die tätowierte SS-Nummer im Oberarm.
Späte Geburt
Laut Geburtsurkunde kam Adolf Paul Quilling Ratisboniae am 20. April 1933 „nachmittags um 12 Uhr“ (d. h. um Mitternacht) in einem Kölner Krankenhaus zur Welt. Sein Vater hatte schon mehrmals an diesem Tag in der Klinik angerufen mit der Frage: „Ist der denn immer noch nicht da?“ Kurz vor ihrem Tod im 90. Lebensjahr berichtete ihm seine Mutter, dass er eigentlich erst 3 Minuten nach Mitternacht geboren wurde; aber der Professor habe gesagt, dass „der noch reingeht“. Sein Vater wollte das unbedingt und bestand auf dem Vornamen Adolf Paul. Er war schon 1923 an der Feldherrnhalle dabei und stellte H. die Wohnung für konspirative Sitzungen zur Verfügung. Die Mutter musste dann die Wohnung in der Augustenstraße mit den zwei kleinen Kindern, Quillings älteren Geschwistern, verlassen und in der Maxvorstadt manchmal bei eisiger Kälte für längere Zeit spazieren gehen. Der Vater war derweil in seinem Schuhgeschäft im Erdgeschoss des Hauses. Die Patenschaft des Namensgebers zerschlug sich. Nach dem Krieg mochte der tausendjährige Quilling nicht dem Rat des Vaters folgen und den zweiten Vornamen verwenden; denn in der Familie gab es auch früher schon Mitglieder mit dem Vornamen Adolph.
Vox Latina
Als Prof. Helfer, mit erstem Band Angehöriger der legendären Misnia IV, an der Universität Mainz einen Vortrag in Latein gehalten hatte und anschließend auf das Hessenhaus kam, war er höchst verblüfft, auf der Kneipe mit einer lateinischen Rede begrüßt zu werden – von Gießens Corpshistoriker Hoffmann Hassiae, Sueviae Straßburg.
Kölner Fuchs in Jever
Am 3. März 1938 im oberschlesischen Klodnitz geboren, verlor Schunke nach einem halben Jahr den Vater. In den 1940er Jahren wohnte er in Breslau. Kurz vor Eintreffen der Roten Armee im Januar 1945 verließ er Schlesien. Über Lübeck kam er im Februar 1947 nach Rheinhausen. Schunke besuchte ab Ostern 1950 das naturwissenschaftliche Gymnasium. Nach der Mittleren Reife fuhr er 1956 unter Tage. Ab 1958 studierte er Bergbau an der Niederrheinischen Bergschule in Moers. Er bestand nach vier Semestern die Zwischenprüfung und erhielt den „Hauerbrief“. 1960 meldete er sich als Offizieranwärter zur Luftwaffe: Offizierschule, fliegerische Ausbildung in Uetersen und in den USA. Als Hauptmann und Kompaniechef in Köln holte er 1968–1971 am Abendgymnasium das Abitur nach. Für das SS 1976 an der Universität zu Köln für Ur- und Frühgeschichte eingeschrieben, konnte er, 38 Jahre alt und verheiratet, im Mai 1976 bei Marcomannia Breslau renoncieren. Als Major in den Funktionen Personalstabsoffizier und Pressestabsoffizier an der Waffenschule der Luftwaffe 10 in Jever hatte er im Dienstzimmer ein Phantom, an dem er jeden Mittag 150 Gänge schlug. Seine (ausgepaukte) Receptionspartie in Köln focht er als Major. 1977 wurde er recipiert, inaktiviert und philistriert. Als Kopilot im Starfighter war er „der schnellste Corpsstudent“. Zuletzt war er noch zweimal als Kommandeur auf Regimentsebene eingesetzt. Auf den Dienstreisen nach Köln erschien er zu den Kneipen immer mit einem Fass Jever Maibock – für die Kölsch-Trinker eine Herausforderung. 1994 trat er als Oberstleutnant in den Ruhestand. Zum 140. Stiftungsfest seines Corps erschienen 2004 die beiden Bände seiner „Geschichten über Marcomannia und Marcomannen“ über die ersten 70 Jahre der Marcomannia (880 Seiten). Ab 2008 gab er die jährliche Corpszeitung heraus, dazu die zwei Sonderhefte über Jürgen v. Schilling und das 150. Stiftungsfest. Seine Digitalisierung von Marcomannias Archiv beläuft sich auf 30 Gigabytes. 2012 wurde er ECB. Silingia Breslau zu Köln (WSC) verlieh ihm 2016 das Band. Als die aufgelöste Marcomannia mit Borussia Tübingen fusioniert hatte, erhielt Schunke am 13. April 2019 in Uelzen auch das Preußenband.
Schönes Denkmal
Der Münchner Franke Oskar v. Stobäus war 35 Jahre Oberbürgermeister von Regensburg. Als er 1906 aus dem Amt schied, gab die Stadt ein Denkmal in Auftrag. Es sollte den 1904 entstandenen Stobäusplatz verschönern. Das Motiv des Brunnens – eine Nixe in den Armen eines Wassermanns – war eine Hommage der besonderen Art. Stadtbekannt waren die amourösen Abenteuer des ehemaligen Bürgermeisters. Nur Stobäus war so verärgert, dass er sich für seine Beerdigung die Anwesenheit einer Delegation aus Regensburg verbat.
Feiner Geschmack
Auf einem FCC der Palaiomarchia-Masovia in den 1970er Jahren danken Alte Herren den Aktiven für die gelungene Ausgestaltung des Begrüßungsabends vom Stiftungsfest. Bemäkelt wird die Qualität der Weine; die richtigen auszusuchen sei die Aufgabe von ausgewiesenen Alten Herren. In das betretene Schweigen meldet sich ein alter Masure: „Ja, liebe Corpsbrieder, das Problem hatten wir in Kenichsberch auch. Einjesetzt wurrde eine Kommission, die zum stadtbekannten Weinhändler ging. Der verdeckte die Etiketten beim Einschänken und die Stimmung wurde immer besser. Die Abstimmung am Schluss war einstimmig – begeistert war man vom Brombeerwein.“
Renegat
Als Max Angerhausen zum Studium nach München ging, wurde er von seinem erzkatholischen Großvater Eugen Angerhausen bei Aenania im Cartellverband annonciert. Dass er stattdessen im Corps Germania aktiv geworden war, hielt Max lange geheim. Als dies allerdings durch einen Schmiss herauskam, verbot der Großvater seinem Enkel das Haus. Das änderte sich erst, als Max Alter Herr und Textilunternehmer in Krefeld wurde (Hans Lipp Germaniae München, Lusatiae Leipzig).
Verfahren
1927 kam Ringelnatz nach Freiburg. Von den Straßburger Exilpfälzern zum Mittagessen (mit „einheimischem Wein“) eingeladen, hielt er eine begeisterte Dankesrede – stehend auf dem Tisch, mit einem Bein in der Suppe des Seniors. Dem musste er das Versprechen geben, ihn rechtzeitig zum Zug nach München zu bringen. Nach einigen Stunden rief der Baseler Zoll an: Vor einem Wagon-WC habe man einen volltrunkenen Mann aufgelesen. Er hieße Ringelnatz und sei von „Pfälzer Studenten“ zum Mittagessen eingeladen worden. Die hatten derweil das Corpshaus demoliert und das Dach eingetreten – um Anlauf für den „Fallschirmsprung“ mit dem Sonnenschirm zu nehmen. Ringelnatz hatte wohl den richtigen Bahnsteig, aber den falschen Zug erwischt.